Interview mit Aiducation CEO Florian Kapitza: «Die Bedeutung von Partnerschaften, habe ich anfangs unterschätzt»

10.12.2014

Nicht nur das IFJ feiert 2014 25-jähriges Jubiläum, sondern auch UNICEF. Denn vor 25 Jahren traten die UN-Kinderrechtskonventionen in Kraft. Einen grossen Bildungsförderungs-Beitrag in Entwicklungsländern leistet die Schweizer Organisation Aiducation, die in venturelab Kursen entwickelt wurde und 2009 mit Venture Kick 130‘000 CHF gewann. Im Interview verriet uns Florian Kapitza, CEO von Aiducation, ihre neuesten Vorhaben und ihre Pläne für 2015.

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Florian Kapitza, CEO Aiducation und Venture Kick Gewinner
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Florian und sein Teamkollege gratulierten zum IFJ-Jubiläum kurz vor dem Abflug nach Kenia.
Florian, Ihr bezeichnet Aiducation als „for-impact Unternehmung“. Was ist das und warum sagt Ihr nicht einfach „NGO“ oder „non-profit Organisation“?
Unser Meinung nach drückt der Begriff „for-impact Unternehmung“ viel besser als die anderen genannten Begriffe aus, was wir tun: wir sind ein Unternehmen, das die Wirkung maximiert und nicht den Profit. Ansonsten sind und ticken wir gleich wie ein Unternehmen: wir haben Verkaufskanäle, Marketingkanäle, eine Marketingstrategie, Umsatz, einen Finanzplan, Meilensteine, Produkte und Projekte. Und überhaupt, aus welchem Grund sollten wir uns über einen Begriff definieren, der beschreibt, was wir nicht tun? Im Unternehmertum geht es ja schliesslich darum, etwas zu unternehmen!

Ihr befindet euch auf dem Weg zu einer globalen Bildungsorganisation. Neben Kenia, Deutschland, Grossbritannien und natürlich der Schweiz, gründet ihr gerade in den USA und bietet seit 2014 ein Förderprogramm für Schüler und Schülerinnen auf den Philippinen an. Wie kommt die Idee generell im Ausland an?
Auch im Ausland kommt die Idee beim Spender gut an, weil wir dem Spender die persönliche Wirkung klar aufzeigen können. Dies weil jeder unserer Spender einen personalisierten, direkten, jährlichen Impactbericht über die Fortschritte seines Stipendiaten erhält und wir zudem 90% aller Stipendiengelder direkt in Bildung investieren. Zudem ist unser Konzept gut durchdacht: wir fördern talentierte, arme Schüler, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Multiplikatoren werden und ihr Land politisch, sozial und wirtschaftlich voranbringen werden. Gemeinsam mit unseren Stipendiaten und Alt-Stipendiaten und vielen Partnern bauen wir aktiv ein Netzwerk zukünftiger Leistungsträger auf, so dass die Fähigkeiten und Talente der Alt-Stipendiaten leichter für gemeinsame Projekte genutzt werden können.

Welche Pläne verfolgt ihr 2015?
Wir möchten weiter wachsen und im nächsten Jahr im besten Fall 200 Stipendien vergeben können. Das ist sehr ehrgeizig und wäre ein neuer Rekord, aber wir sind hier, um Menschen in Entwicklungsländern Zugang zu ihrem eigenen Potenzial zu geben. Und das geht unserer Meinung nach am besten mit Bildungsstipendien.
2015 lancieren wir zudem einen Start Up Fund mit dem wir ausgewählte for profit und for impact Start-ups unserer Alumni in Kenia fördern möchten. Diese haben exzellente Ideen, wie sie sich und Kenia voranbringen wollen und das wollen wir nutzen. Mit neuen und bestehenden Partnern möchten wir die ideelle Förderung für unsere Stipendiaten und Alumni zudem noch weiter mit Preisen, Mentorship Academies und Workshops ausbauen.

Welches war dein ganz persönliches Aiducation-Highlight 2014?
Mein grösstes Highlight war zweifellos das erste Stipendium aus unserer Stipendiatenschaft: Unsere Alt-Stipendiatin Gift Pola hat es gemeinsam mit Freunden vergeben.

Auf organisatorischer Ebene war die erstmalige Durchführung der beiden Swiss Re Start Up Academies sicherlich ein Durchbruch, an der 50 Stipendiaten nach dem Vorbild von venturelab Businesspläne für eigene Startups entwickeln. Mehrere dieser Startups befinden sich im Übrigen zurzeit in Gründung.

Zudem bringen wir in der 3. Dezemberwoche gemeinsam mit der Ernst-Schmidheiny-Stiftung sowie der atDta die seit 40 Jahren überaus erfolgreich in der Schweiz durchgeführten Wirtschaftswochen als Pilot nach Kenia. In einer einwöchigen Wirtschaftssimulation schlüpfen unsere Stipendiaten in die Schuhe von Unternehmensvorständen, entwickeln Marketing- und Verkaufsstrategien, stellen Personal ein (und entlassen auch welches) und führen am Ende der Woche eine Hauptversammlung durch, zu der wir auch Medienvertreter einladen.

Rund 800 Stipendiaten konntet ihr bereits seit eurer Gründung 2006 unterstützen. Und das von Gift Pola gestiftete Stipendium zeigt, dass Ihr bei der Auswahl scheinbar einiges richtig macht. Wie sind eure Auswahlkriterien für ein Stipendium? Und wie kann man als Privatperson helfen?
Wir selektieren unsere Bewerbenden nach 3 Kriterien:
1. Schulnoten: die Bewerbenden müssen zu den ca. 10% der besten Schüler ihres Jahrgangs zählen.
2. Bedürftigkeit: die Bewerbenden müssen aus armen Verhältnissen stammen.
3. Persönlichkeit: aus der Bewerbung muss hervorgehen, dass sich der Bewerbende für sein Land engagieren will.

Die Stipendien werden in der Regel von Privatpersonen gestiftet. Das geht einfach online.

Ihr konntet 2009 die Jury von Venture Kick überzeugen. Wie habt ihr von dem Förderprogramm profitieren können?
Ohne Venture Kick wären wir mit Aiducation heute nicht da, wo wir heute stehen: das Konzept hat sich Dank des Feedbacks der Venture Kick Coaches stark weiterentwickelt. Die hohe Flexibilität bei der Verwendung des Preisgeldes hat uns natürlich auch geholfen das Geld dort einzusetzen, wo es am nötigsten gebraucht wurde – ein absoluter Traum, der erfolgsentscheidend war.
 
Auf eurer Website berichten die Jugendlichen von ihren Traumberufen. Was wolltest du in dem Alter eigentlich werden?
Ich wollte Fussballspieler mit dem Nebenberuf Bankkaufmann werden. Sicherlich interessant, aber nichts gegen die inspirierenden Lebensvisionen unserer Stipendiaten.
 
Wie hast du die Unterstützung durch das IFJ erlebt?
Das IFJ unterstützt Schweizer Startups mit wichtigen 4 K’s: Kursen, Kniffen, Kontakten und dem finanziellen Kick.
 
Ihr habt 2006 gegründet und seid somit alte Startup-Hasen. Gibt es einen Tipp, welchen du gerne früher erhalten hättest?
Die Bedeutung, die Partnerschaften haben können, unterschätzte ich anfangs. Seit 2006 hatten wir nun einige Partnerschaften (und auch einige, die wir nicht eingegangen sind, aber besser eingegangen wären) und einige waren richtige Win-Win-Win Partnerschaften mit einem tollen Mehrwert für alle Seiten.

Mehr über Aiducation
Aiducation ist ein „for-impact Unternehmen“ und zeichnet talentierte und bedürftige Jugendliche aus Kenia und den Philippinen mit Stipendien aus. Die High School Stipendien geben den Stipendiaten in ihren Heimatländern Zugang zu Schulen und zu einer von Aiducation mit Partnern umgesetzten ideellen Förderung. Teil dieser ideellen Förderung sind Start Up Academies, Studienpreise und ab Dezember auch der Start-up Preis „Wonderland Award“ für Kenianische Startups, die sich gegen Diskriminierung einsetzen. Für Aiducation war 2014 ein ganz besonderes Jahr: Neben der Expansion in die Philippinen, dem 800. Stipendium seit Bestehen und dem in diesen Tagen anstehenden Launch des Wonderland Awards, konnte Aiducation mit dem Konzept der Swiss Re Start Up Academies und den Wirtschaftswochen ein individuelles Angebot für Unternehmen und Stiftungen im Bereich „Skill-based volunteering“ aufsetzen.

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