Eishockeyaner Philip Bodmer ist Business Angel of the Year 2017

27.07.2017

Die Swiss Private Equity & Corporate Finance Association SECA hat Philip Bodmer zum Business Angel of the Year 2017 gekürt. Wir haben uns mit ihm über die Hintergründe zur Auszeichnung und zum Investorendasein unterhalten.

BodmerPhilip_400x300.png
Herr Bodmer, herzliche Gratulation zur Auszeichnung als Business Angel of the Year 2017. Stellen Sie sich bitte kurz unseren Lesern vor. Was haben Sie bisher gemacht?
Ich habe eine Industriekarriere absolviert. Der weitaus grösste Teil davon war bei Mettler Toledo, wo ich 17 Jahre Geschäftseinheiten mit einer globalen Verantwortung leitete. 2002 wagte ich dann mit meiner Beratungsfirma Bodmer & Partner Consultants den Schritt in die Selbständigkeit. Hier unterstütze ich kleinere Produktionsfirmen in der Strategieentwicklung und deren Umsetzung. Aus meiner Beratungstätigkeit ergaben sich mehr und mehr Kontakte zu Startups, was mein Interesse weckte. Und nun bin ich schon seit einigen Jahren im Umfeld von Startups als Business Angel, als Präsident der Volkswirtschafts-Stiftung und als Board Member des Swiss Startup Invest (ehemals CTI-Invest) unterwegs. Ausserdem unterstütze ich Jungunternehmen als Mitglied vom StartAngels Network und als Teil der Jury beim Startup Förderprogramm Venture Kick.

Was beschäftigt Sie zurzeit?
Die Startup Szene in der Schweiz steht vor weiteren bedeutenden Entwicklungsschritten. Wir befinden uns momentan an einer Schwelle, die mit bedeutenden Veränderungen in der Förderung von Startups verbunden ist. Hier wird in nächster Zeit einiges geschehen und da möchte ich sehr gerne meinen Beitrag dazu leisten. Die Überführung der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) zur öffentlich-rechtlich unabhängigen Innosuisse, die Bildung von digitalswitzerland, die Zunahme des Corporate Venturings, die neuen Inkubatoren/Acceleratoren und die Bildung der Swiss Entrepreneurs Foundation (ein privat finanzierter Fonds) sind einige gute Beispiele, wohin wir uns bewegen müssen. Auch die Politik muss sich intensiver mit dem Thema Entrepreneurship in der Schweiz beschäftigen, da es sich um die Schaffung von hochqualifizierten Arbeitsstellen in der Schweiz handelt.

Worum geht es bei dieser Auszeichnung genau?
Ich betrachte es als Anerkennung meiner Bemühungen in der Startup-Förderung über die letzten Jahre hinweg. Ich bedanke mich bei allen, die mich bei meiner Tätigkeit als "Startup Supporter" begleitet und unterstützt haben.

Was hat Sie dazu bewogen, als Business Angel tätig zu sein?
Einerseits schätze ich die Zusammenarbeit mit jungen Leuten und andererseits denke ich, kann ich in diversen Themenfeldern einen relevanten Beitrag für Startups leisten. Aufgrund meines Backgrounds (MSc Chem. Ing. & MBA) und meiner beruflichen Erfahrung, spezialisiere ich mich vor allem auf die Gebiete Technologie und Life Sciences, da ich hier die Situation eines Startups am besten einschätzen kann. Obwohl ein Exit für Investoren von zentraler Bedeutung ist, ist der Exit per se für mich nicht die primäre Motivation als Business Angel tätig zu sein, sondern ich möchte durch meine Arbeit mit Startups einen Beitrag an die Entwicklung der Schweizer Volkswirtschaft leisten.

Als Business Angel investieren Sie in diverse Startups. Welche Projekte haben Sie besonders gerne unterstützt?
Besonders viel Freude bereiten mir Technologie und Life Science Startups, wo man einen effektiven technologischen Fortschritt auf den Markt bringen kann. Projekte, bei denen ich entlang der Wertschöpfungskette von der Entwicklung, über die Produktion bis hin zum Vertrieb mitwirken kann, unterstütze ich sehr gerne.

Und was sind Ihre Kriterien für eine Investition in ein Jungunternehmen?
1. Grundsätzlich muss das Thema oder der Markt für mich von Interesse sein, und ich muss "verstehen" können, worum es geht.
2. Dann muss das Startup-Team offen sein für einen konstruktiven aber auch kritischen Dialog.
3. Die Technologie muss funktionieren, das heisst, das Jungunternehmen muss ein «Proof of Principle» (Machbarkeitsnachweis) erbracht haben.
4. Das Marktpotenzial oder die Entwicklungsmöglichkeiten der Firma sollten möglichst konkret definiert sein.
5. Und zu guter Letzt, muss das Venture finanziert werden können.

Haben Sie eine Startup-Investition jemals bereut?
Totalverluste oder Misserfolge will ja niemand, das ist klar. Sie gehören aber zur Tätigkeit eines Business Angels einfach dazu. Die Investments, die nicht erfolgreich waren, bereue ich nicht. Bei jedem habe ich etwas an Erfahrung dazu gewonnen. Was ich aber wirklich bereut habe, ist eine Investition in ein Venture, welches sich am Ende als Betrugsfall herausstellte. Das betrügerische Element ist auch im Schweizer Startup Ökosystem präsent. Investoren müssen auf der Hut sein.

Haben Sie noch Tipps für Startups auf Investorensuche?
1. Es ist nicht einfach, weil man sich die Investoren ja nicht wirklich aussuchen kann. Aber soweit möglich, Investoren an Bord holen bei denen man das Gefühl hat, "mit diesem Investor lässt es sich zusammenarbeiten".
2. Viel Durchhaltekraft und Motivation ist gefordert. Es braucht viele Pitches – vielleicht bis zu 40 Auftritte, bis man die anvisierte Summe beisammen hat. Der Prozess ist nicht sehr effizient, aber da muss jeder durch. Nicht aufgeben, dranbleiben!
3. Schweizer Startups sollten zumindest in der frühen Phase mehrheitlich mit Geld aus der Schweiz finanziert werden. Man kennt das Rechtssystem, die gegenseitigen Erwartungen sind besser aufeinander abgestimmt, und der Startup wird nicht einfach eines Tages ins Ausland verlegt. Man erlebt auch weniger böse Überraschungen.
4. Nicht jeder Rat oder Feedback, den man von Investorenpräsentationen erhält, ist relevant oder gut – Vorsicht vor falschen Propheten. Aber wessen Rat soll man nun „befolgen“? Ich empfehle, die Branchen-Erfahrung jeweils als Referenzwert zu nehmen.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen im Schweizer Startup Ökosystem?
In der Schweiz ist eine gewaltige Dichte an Innovationen vorhanden, grösstenteils werden diese aber ökonomisch nicht oder nur ungenügend genutzt. Hier liegt viel Potential für unsere Wirtschaft brach. Die Schweiz hat zwar eine langjährige Tradition von Unternehmern, aber wir sind schlichtweg nicht gut aufgestellt, wenn es um die Finanzierung von technologieorientierten Jungunternehmen geht. Wir müssen stärkere Anschubfinanzierungen gewähren können, denn im Moment sind zu viele Startups einfach unterfinanziert und kommen nicht vom Fleck. Mit diversen Unterstützungsprogrammen werden viele Unternehmen zu Beginn zwar gefördert, aber ausreichende Finanzierungen bleiben später aus, oder sind nicht gross genug, um dem Unternehmen ein wirkliches Vorankommen zu ermöglichen. Es liegt an uns, Vehikel und Wege zu finden, um Startups die Chance auf Erfolg zu geben. Es braucht nach wie vor mehr Business Angels, die sich um die Weiterentwicklung der vielen Startups kümmern. Steuerlich attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Es sollten generell mehr Anreize für unternehmerische Tätigkeiten geschaffen werden. Denn das allerwichtigste ist doch, dass Investitionen in Startups unser zukünftiges Wirtschaftswachstum sichern und neue attraktive Stellen im Schweizer Arbeitsmarkt geschaffen werden.

Wenn Sie in Ihrem Leben etwas anders hätten machen können, was wäre das?
Ich wäre gerne ein sehr guter Eishockey-Spieler geworden. Bis vor kurzem habe ich noch in der Super-Veteranen Liga gespielt. In Anlehnung an mein Vorbild, Wayne Gretzky, habe ich sogar die Nummer 99 getragen. Aber für den ganz grossen Durchbruch hat es leider nicht gereicht (lacht).

Weiterführende Links